Nach einer Anregung von Christof Herrmann, aufgegriffen von Barbara Hodel und Petra Bäumler: mein ganz persönliches ABC zum Thema Minimalismus.

#minimalismusABC

Ausmisten Immer wieder schaue ich mir meine Besitztümer an, sortiere das ein oder andere aus und wundere mich manchmal, wie lange sich manche Dinge bei mir halten, obwohl ich sie gar nicht benutze. Es gibt effektivere Methoden des Ausmistens, aber für mich ist dieser langsame Weg der beste.

Bücher Ich liebe Bücher. Als „Datenträger“ wie auch als Gegenstände. Derzeit befinden sich etwa neunzig Bücher in meinem Haushalt, die ich als mein Eigentum betrachte, sowie weiter fünfzehn, die ich auf den Straßen Kölns gefunden und noch nicht gelesen habe. Nach dem Lesen wandern sie weiter. Z.B. in einen öffentlichen Bücherschrank oder zu Menschen, die sich ebenfalls für sie interessieren. Auch wenn es wohl minimalistischer wäre, kommt ein E-Reader für mich erst mal nicht in Betracht.

Challenges Challenges sind ein beliebtes Mittel, um Besitzreduktion in Gang zu bringen. Man nimmt sich z.B. vor, einen Monat lang jeden Tag einen Gegenstand mehr freizusetzen. Oder umgekehrt: man räumt fast alles weg und darf sich an jedem Tag einen Gegenstand zurückholen. Ich habe mal beim Kleiderfasten mitgemacht und fand das sehr hilfreich: die eigene Garderobe darf in dieser Zeit (die fünfzig Tage zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag) nur aus 100 Teilen bestehen. Unterwäsche, Schuhe, Mützen zählen dazu.

Downsizing In diesem Sommer bin ich aus einer 60-qm-Wohnung in eine 36,5-qm-Wohnung gezogen. Ist ja eigentlich immer noch viel für eine Person. Vielleicht ziehe ich irgendwann in eine noch kleinere Wohnung. Von meinem Ideal bin ich jedenfalls noch weit entfernt…

Euphorie Wenn ich etwas losgeworden bin oder mich ganz plötzlich von etwas trennen konnte, fühle ich mich meist euphorisch. Geht anderen auch so und ist besser als jeder Kaufrausch!

Fundstücke Beim Ausmisten habe ich manchmal etwas gefunden, von dem ich gar nicht wusste, dass ich es (noch) besaß. Manchmal hatte ich sogar schon Ersatz gekauft, wie ärgerlich :o Es ist auch schon vorgekommen, dass ich ein Teil zum Aussortieren in der Hand hatte und mir sozusagen im letzten Moment eine sinnvolle Verwendung dafür einfiel. So wurde aus einem Silikon-Tassendeckel für To Go ein Silikon-Tassendeckel für genüssliches Kaffeetrinken fast ohne Abkühlen zu Hause :)

Geschenke Inzwischen habe ich es geschafft, dass fast alle, die mit mir zu tun haben, wissen: Das schönste Geschenk für mich ist KEIN Geschenk… Wirklich gar keins, auch kein Erlebnis oder Gutschein. Natürlich habe ich mich schon über Geschenke gefreut, manche besitze und nutze ich heute noch. Das waren aber immer nur sehr wenige, die meisten empfand ich als Last und war froh, wenn ich sie auf einigermaßen geschickte Weise wieder los geworden war.

Hinterlassenschaft Meine Eltern hinterließen meiner Schwester und mir ein Haus voller liebevoll zusammengekaufter Gegenstände. Wochenlang durften Nachbarn, Verwandte und andere Menschen, die ihnen nahegestanden hatten, sich mitnehmen, was sie wollten, und davon wurde auch reger Gebrauch gemacht. Textilien landeten bei einer karitativen Einrichtung, viel Papiernes im Müll, das eine oder andere haben wir in unsere eigenen Haushalte mitgenommen. Der Entrümpelungsdienst war mit vier gut trainierten Leuten dann immer noch einen ganzen Tag beschäftigt… Dass der Tod vor allem zu so viel Beschäftigung mit Materiellem führt, fand ich ziemlich bedrückend. Gut, dass es bei mir nicht so sein wird.

Ideal Mein minimalistisches Ideal wäre, nur zwei Koffer zu besitzen oder einen Rucksack und eine Reisetasche. Wie ungebunden ich dann wäre! Küchengerät wäre allerdings nicht dabei und ich hätte so wenige Kleidungsstücke, dass ich öfter gezwungen wäre, schnell etwas nachzukaufen… Von den sonstigen Annehmlichkeiten einer eigenen Wohnung ganz zu schweigen. Also wird das Ideal wohl noch eine ganze Weile unerreicht bleiben ;)

Japan Die Einfachheit traditioneller japanischer Wohnräume fasziniert mich. Ist es ein Zufall, dass Marie Kondo (KonMari) und Fumio Sasaki (Goodbye, Things) aus Japan stammen?

Kaufen ist nicht die einzige Option, wenn man etwas braucht oder einfach haben will. Man kann es z.B. auch selbst herstellen, ausleihen oder etwas anderes umfunktionieren. Oder man merkt, dass man eigentlich auch darauf verzichten kann.

Leer Einmal habe ich einen Monat in einem leeren WG-Zimmer gelebt, nur mein Rucksack und mein Schlafsack lagen darin (und manchmal ich ;). Das war toll und ich würde gerne wieder mal so leben.

Möbel Nach Jahrzehnten in WGs und möblierten Zimmern habe ich mich mit 34 Jahren zum ersten Mal richtig eingerichtet. Ich hatte mich so auf eine eigene Zweizimmer-Wohnung gefreut und nun merkte ich schnell, wie belastend die Dinge, die ich mir nun anschaffen würde, eigentlich für mich waren. In dieser Wohnung habe ich sehr lange gewohnt. Viele der anfangs gekauften Möbel habe ich nach und nach durch leichtere ersetzt oder auf Rollen gestellt, einige brauchte ich gar nicht mehr. So konnte ich die Räume ohne große Mühe immer wieder anders nutzen. Ich habe gemerkt, dass diese Flexibilität mir sehr wichtig ist.

Notizhefte und Taschenkalender bastele ich seit einigen Jahren selbst aus Pappe und Altpapier. Früher habe ich mich gerne in Schreibwarengeschäften umgeschaut, jetzt freue ich mich, dass ich diese Gegenstände nach meinen eigenen Vorstellungen anfertigen kann. Und dass das auch noch gut für die Umwelt ist.

Omnia mea mecum porto

„All meinen Besitz trage ich bei mir“ ist ein von Cicero dem griechischen Philosophen Bias von Priene zugeschriebener Ausspruch. Bias von Priene, einer der sieben Weisen, soll diesen Ausspruch auf der Flucht aus seiner Heimatstadt getätigt haben: Sein wahrer Besitz liegt in seinen Fähigkeiten und seinen charakterlichen Eigenschaften – und nicht in materiellen Dingen.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Omnia_mea_mecum_porto

Pillen – nein danke! Ich glaube, ein minimalistischer Lebensstil ist da sehr zuträglich, vor allem wenn man auch den eigenen ökologischen Fußabdruck minimiert. Was man dafür tut, ist nämlich oft gleichzeitig gut für die Gesundheit. Außerdem geht Minimalismus in dieser Gesellschaft nur selbstbestimmt und kreativ, was sich ebenfalls positiv auswirken dürfte.

Quantität ist nicht alles, und auch weniger ist nicht immer mehr. Vor allem muss man sich wohlfühlen mit den Gegenständen, die man besitzt, und der Menge. Ich schau immer ganz neidisch, wenn jemand mit einem halben Meter locker gehängten Kleidungsstücken auskommt. In meinem Kleiderschrank hängen alleine zwanzig T-Shirts! Im Sommer brauche ich zwischen zwei Mal Wäsche waschen aber oft wirklich so viele. Außerdem liebe ich sie alle :)

Reisen Der Gedanke, dass das Leben eine Reise ist, gefällt mir. Egal was passiert, es geht immer weiter. Und je weniger man hat, desto leichter kommt man voran.

Spenden Ich spende Geld. Aussortierte Gegenstände an eine gemeinnützige Einrichtung weiterzugeben sehe ich nicht als Spende an, eher als eine sozial und ökologisch sinnvolle Variante der Entsorgung. Das Loswerden gibt mir mindestens so viel wie dem jeweiligen Empfänger, der sich oft genug mit übervollen Lagern herumplagen muss, weil er mehr reinbekommt als los wird. „There is a dark side to donation“, habe ich irgendwo gelesen. Besser gar nichts anschaffen, was man absehbar wieder loswerden will, oder es in anderer Form selbst weiterverwenden. Und das gesparte Geld spenden.

Taschen Ich liebe Taschen! Am bequemsten finde ich Rucksäcke und Hüfttaschen, aber hin und wieder brauche ich auch welche zum Umhängen. Von jeder Sorte habe ich ganz unminimalistisch gleich mehrere Stück. Es kommt sogar vor, dass ich eine Tasche kaufe, obwohl ich schon ahne, dass sie bestenfalls selten tragen werde. Dann wandert sie halt bald in einen Secondhand-Laden, wo sich jemand anderes darüber freut. Aber ich bin schon ganz froh, dass ich nur diesen einen Konsum-Tick habe.

Umziehen In diesem Sommer bin ich nach 24 Jahren umgezogen. Dass mir in dieser Zeit Loslassen und Änderungen leichter fallen, habe ich mir schon gedacht. Jetzt merke ich, dass das immer noch weitergeht! Nicht spektakulär, aber für mich deutlich wahrnehmbar. Man sollte vielleicht einfach nie zu lange irgendwo kleben bleiben (naja, manchmal leichter gesagt als getan natürlich).

Verzichten Ich habe weder Kühlschrank und Staubsauger. Mag ich einfach nicht. Kann man da von Verzicht sprechen? Ja, weil sie zum üblichen Haushalts-Inventar gehören und das Leben ohne sie durchaus etwas beschwerlicher ist. Nein, weil ihre Abwesenheit mich ja glücklicher macht. Grade der fehlende Kühlschrank macht sich übrigens sehr positiv bei der Stromrechnung bemerkbar.

Wagnis Vielerlei Gedanken stellen sich oft in den Weg, wenn man etwas loslassen will. Manchmal muss man sich einfach trauen. Vielleicht hilft die Regel, dass man etwas weggeben kann, wenn es sich mit geringem Aufwand für weniger als dreißig Euro wiederbeschaffen lässt. Oder der Gedanke, dass der Nutzen der Besitzreduktion insgesamt das Vermissen eines einzelnen Teiles weit überwiegt. Ich habe öfters gedacht: ‚Mist, jetzt brauche ich das und hab es weggegeben‘, habe dann aber meistens eine gute, manchmal sogar bessere Lösung gefunden, ohne mir genau dasselbe Teil noch einmal zuzulegen.

Xylit hemmt Karies, eignet sich also bestens als Bestandteil selbstgemachter Zahnpasta. Probiere ich bald mal selbst aus, denn ich ärgere mich jedesmal, wenn eine Zahnpasta-Tube leer wird und bald weggeworfen werden muss.

Youtube Auf Youtube gibt es jede Menge Videos zum Thema Minimalismus unter allen möglichen Gesichtspunkten, von denen man sich inspirieren und berühren lassen kann.

Zero Waste bedeutet Null Müll. In der Realität geht es eher um Abfallvermeidung. Das passt prima zu Minimalismus, finde ich. Seit ich in einem Haus mit Biotonne wohne, besteht mein Restmüll meist nur aus Staub und Kassenzetteln.